Im Leben nehmen wir verschiedene Rollen ein. Wir sind Freund, Kollege, Partner oder Elternteil. Wir entscheiden, warten ab, überlegen oder handeln spontan. Abhängig von der konkreten Situation passt diese Rolle zu uns oder sie widerstrebt uns. Gewollt oder ungewollt passen wir uns an, akzeptieren bestimmte Prägungen und verlieren vielleicht auch unsere Authentizität.
Werden Sie z.B. auf ein fremdes Gewässer eingeladen, sind Sie auf die Erfahrung des ansässigen Anglers angewiesen. Natürlich bringen Sie auch das grundsätzliche Wissen mit, dass Sie selbst über Jahre aufgebaut haben. Doch werden Sie es in einer neuen Umgebung auf Anhieb nutzen können? Was Ihnen fehlt ist die Kenntnis der speziellen Anforderungen, Strukturen, einfach der veränderten Rahmenbedingungen.
Sicher könnten Sie jetzt mit Hilfe moderner Methoden und Instrumente die Lage erkunden. Aber reicht das? Warum kann es denn nicht einmal sinnvoll sein, die Ressourcen anderer zu nutzen, um sich selbst besser auf die neue Umgebung einzustellen? Bleiben wir bei dem Beispiel mit dem fremden Gewässer. Sie sitzen also in einem Boot mit dem Angelfreund. Klassischer Weise kann sich folgende Situation ergeben:
Boot und Ausrüstung stellt der Angelfreund. Das bedeutet, Sie sind während des Ausfluges auf die Rolle des Ankerjungen reduziert, wohingegen Ihr Angelfreund das Boot steuert und am Echolot nach den erfolgreichen Angelplätzen Ausschau hält. Natürlich bewerten Sie auch die Umgebung und vergleichen die Strukturen und Beobachtungen mit Ihren Erfahrungen. Es geht vorbei an „hechtigen“ Schilfkanten, ins Wasser ragende „Barschbäume“ und Futterfischschwärme ziehen auf Sichttiefe unter ihrem Boot vorbei. Als Ankerjunge könnten Sie doch ohne weiteres den Anker werfen.
Meine Empfehlung, tun Sie es nicht! Zum einen, wird sich Ihr Angelfreund sicher nicht nur über Ihr Verhalten wundern. Er wird im besten Falle nur mit kritischen Worten beschreiben wie er das findet. Wenn Sie es besser wüssten, hätten Sie doch auch alleine das Gewässer erkunden können? Aber irgendwie haben Sie geahnt, dass es vorteilhafter ist, sich jemanden anzuvertrauen. Dann bleiben Sie auch konsequent.
Das gilt auch für Aufgaben, die Sie delegieren, Verantwortungen die Sie verteilen und Ergebnisse, die Sie in Ihrem Arbeitsumfeld erwarten. Stellen Sie sich immer vor, der Mitarbeiter wäre so ein Angelfreund, dem Sie mit Ihrem Abweichen von den vereinbarten Rollen und Verantwortungen vor den Kopf stoßen. Was denken Sie wie oft der Ihnen noch eine Einladung aussprechen würde. Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie als Ankerjunge nicht auch Ihre Meinung äußern können. Klar frage ich auch nach, warum wir den meines Erachtens nach, guten Fangplatz nicht beangeln. Klar äußere ich meine Bedenken, welche Risiken darin liegen Fisch los zu bleiben, wenn wir nur auf dem See umherfahren. Damit schaffe ich allerdings eine Kommunikation die mir die Absichten meines Angelfreundes erklären. Und meistens überzeugt mich dann auch das, was ich als Antwort erhalte. Ich bleibe also in meiner Verantwortung eher der passive Ankerjunge, ohne meine Erfahrungen jedoch nicht auch in die Situation einzubringen. So habe ich einem gutem Freund meinen ersten Meterhecht zu verdanken, nur weil ich Ankerjunge geblieben bin …